Fallstudien / Mobilität im urbanen Luftraum: Kosovo

Die Embry-Riddle Universität für Luftfahrt und das Gaetz Institut für Raumfahrt untersuchen die Auswirkungen urbaner Landschaften auf Drohnen.

Hintergrund

Mobilität im urbanen Luftraum (UAM) ist der Beginn einer neuen Ära im Lufttransport. Bevor UAM jedoch zu einer voll tauglichen Lösung für bevölkerte Gebiete erklärt werden kann, muss sie ihre Praktikabilität nachweisen, woran ein Zusammenschluss aus Regierungsstellen sowie Vertretern der Industrie und Wissenschaft aktuell arbeitet. Ziel ist es, ein sicheres und effektives Lufttransportsystem zu entwickeln, das in der Lage ist, jegliche Art von Transporten von kleinen Paketzustellungen per Drohne bis hin zu Lufttaxifahrten für den Personenverkehr über Städten und Innenstädten abzuwickeln.

Wenngleich Drohnen auch bereits in dünn besiedelten Teilen der Welt eingesetzt werden, so sind Flächen im städtischen Raum damit nicht vergleichbar. Zunächst geht es darum, ein gründliches Verständnis von der Auswirkung ‚urbaner Häuserschluchten‘ zu erlangen – gemeint sind beidseitig von Gebäuden gesäumte Straßen. Fährt beispielsweise ein Windstoß in einen relativ engen Gebäudezwischenspalt, kann dies die Windgeschwindigkeit dramatisch ansteigen lassen. Auch Temperaturunterschiede städtischer Flächen können unerwartete Aufwinde erzeugen.

Zur Untersuchung derartiger Effekte urbaner Landschaften auf Drohnen ist ein Team der Embry-Riddle Universität für Luftfahrt und des Gaetz Instituts für Raumfahrt in den Kosovo aufgebrochen. Das Team war sich im Klaren, dass es extrem schwierig sein würde, eine Flugerlaubnis für überbautes, dicht besiedeltes Gebiet in den USA zu bekommen. Der Kosovo hingegen wurde als ein potentieller Versuchsstandort erkannt, da viele der dortigen urbanen Flächen, aufgrund des Krieges in den 1990ern, nur dünn besiedelt sind.

Projekt

Das Team setzte ein kleines unbemanntes Luftfahrzeug (UAV) ein, ausgestattet mit spezieller Instrumentierung, einschließlich zweier rechtwinkelig angeordneter FT205-Sensoren, womit sich sowohl horizontale als auch vertikale Windfluktuationen messen ließen. Mit der achtmotorigen ‚Oktokopter‘-Drohne (eine DJI S1000) ließen sich gleichfalls die Lufttemperatur und -feuchte sowie der Luftdruck in zwei Städten messen – Janjeva und Prishtina. Die Kombination der mit Anemometern gewonnenen Windgeschwindigkeits- und richtungsdaten mit den Luftaufnahmen der Drohnen ermöglichte es dem Team, 3D-Modelle zu generieren, aus denen die 3D-Windkomponenten ersichtlich wurden.

Schlussfolgerung

Mit Hilfe der FT205-Sensoren konnte das Team die Windturbulenzen im Dickicht einer Stadt messen. Für Firmen, die in das Thema urbane Lufttransporte einsteigen wollen, werden die gewonnen Daten ungemein nützlich sein. Sie werden ihnen helfen, die Einsatzumgebung ihres Luftfahrzeuges besser zu verstehen.

„Beim Überstreichen von heißem Asphalt, gefolgt von kühleren Grünflächen oder wasserführenden Kanälen und Gebäuden unterschiedlichster Form und Größe, verlagert sich der Wind innerhalb der atmosphärischen ‚Grenzschichten‘ über Städten fortlaufend. Um diese unsichtbaren Veränderungen abzubilden, haben Forscher traditionell urbane Umgebungen in Windkanälen oder Computermodellen simuliert. Nun haben die Embry-Riddle Fakultät und Studierende erstmals reale Daten erfasst, um eine dreidimensionale Karte der Drohnen-Flugrouten zu erstellen.

„Bislang hat noch niemand die atmosphärischen Grenzschichten im urbanen Umfeld auf diese besondere Art und Weise untersucht. Viele Firmen arbeiten inzwischen an der drohnenbasierten Paketzustellung, der Untersuchung der Infrastruktur und dem Thema Mobilität im urbanen Luftraum. Um diese neuen Technologien so sicher wie möglich zu machen, benötigen wir ein besseres Verständnis von den Luftströmen und Mikroklimata in Städten.

„Mitten im Zentrum von Prishtina gelang es uns, vielfältige urbane Grenzschichtmessungen in einer urbanen Häuserschlucht, beidseitig gesäumt von 14-stöckigen Gebäuden, durchzuführen.

„Die FT205-Sensoren sind perfekt für unsere Zwecke. Ihr leichtes Gewicht und die hohe Messgenauigkeit trugen entscheidend zum Erfolg des Projektes bei. Die Sensoren waren auf Achse, sind um die halbe Welt gereist und wieder zurückgekehrt. Sie haben ihre Bewährungsprobe bestanden!“

Dr Kevin Adkins
Ausserordentlicher Professor für Aeronautik
Embry-Riddle Universität für Luftfahrt

Weitere Informationen:

Internationales Journal für Flugzeugbau, Luft- und Raumfahrt
Entwicklung einer Sensor-Suite zur atmosphärischen Grenzschichtmessung mit kleinem unbemannten Multirotor-Flugsystem

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